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Schulentwicklung – Bildung – Organisation

Die Rutsche der Vermenschlichung hochlaufen

Kind das sich auf einer Rutsch festhält und die Rutsche nach oben schaut

Durch die Entwicklung von LLMs stellt sich die Frage, wie man geschickt darüber reden kann, was sich zwischen Mensch und Computer abspielt. Die Rede ist häufig von „Mensch-Maschine-Interaktion“ und dem „Ping-Pong-Partner“. Im schulischen wird die Maschine gar als „Tutor“ gehandelt. Dabei gerät eine Dimension in den Hintergrund: Der fundamentale Unterschied zwischen dem, was sich zwischen Mensch und Mensch abspielt, und dem was sich zwischen Mensch und Computer, abspielt.

Ich habe bereits darauf hingewiesen, dass die Rede von Kokreation mit Computern in diesem Zusammenhang problematisch ist, weil sie die politische Dimension von Kokreation ausspart (Link). An dieser Stelle möchte ich noch eine Ebene tiefer einsteigen.

Das oben beschriebene Vokabular wird bei genauer Betrachtung immer dem menschlichen Handeln entlehnt. Wir können gar nicht anders, als unsere Metaphern aus dem zu Schöpfen, was uns vertraut ist. Dabei verleiten wir uns immer selbst dazu, anfängliche Abgrenzungen mit der Zeit zu vergessen. Wir Rutschen gewissermaßen eine Rutschbahn der Vermenschlichung hinunter. Aus dem „als-ob-Tutor“ wird der „Tutor“. Um diesen Moment des „Als-Ob“ besser greifen, festhalten zu können, müssen wir uns fragen, was es ist, dass den Unterschied macht. Wie können wir dieses Rutschen verhindern? Dazu lohnt es sich nochmal genau zu schauen, worin der Unterschied besteht:

Cory Doctorow untersucht in seinem äußerst lesenswerten Text „Pluralistic is five“ zum fünfjährigen Jubiläum seines Blogs unter anderem die Frage, wie sich algorithmische Feeds von persönlich gestalteten unterscheiden:

When someone you follow – a person – posts or boosts something into their feed, there is a human intention. It is a communicative act. It can be very communicative, even if it’s just a boost, provided the person adds some context with their own commentary or quoting. It can be just a little communicative, too – a momentary thumbpress on the boost button. But either way, to read a feed populated by people, rather than machines, is to be showered with the communicative intent of people whom you have chosen to hear from. Perhaps you chose unwisely and followed someone whose communications are banal or offensive or repetitious. Unfollow them.

https://pluralistic.net/2025/02/19/gimme-five/

Der entscheidende Unterschied zwischen beiden sei die menschliche Intention dahinter. Sie führte dazu, von Leuten, die man selbst augewählt hat, eine warme Dusche kommunikativer Absichten zu erhalten. Und genau diese menschliche Absicht macht auch den Unterschied zwischen dem, was sich zwischen Menschen abspielt, und dem, was sich zwischen Menschen und Computern abspielt, aus.

Kurzer philosophischer Einschub: Was ist unter Absicht zu verstehen? Das Vorliegen eines bewussten Handlungsgrunds für ein bestimmtes Ziel.

Vielleicht ist ja das Adjektiv „unabsichtlich“ ein guter Kandidat um das „Als-Ob“ sichtbar zu machen. LLMs wären dann unabsichtliche „Tutoren“, unabsichtliche „Spielpartner“ und unabsichtliche „Lernpartner“. Jedenfalls brauchen wir einen sprachlichen Marker für diese Differenz, damit sie uns nicht immer wieder entgleitet.

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