These: Der Tipp von Aufräum-Queen Marie Kondo, beim Ausmisten jeden Gegenstand in die Hand zu nehmen und sich zu fragen: „Does it spark joy?“ (etwa: „Entfacht es Freude“) lässt sich wunderbar auf Schulentwicklungsprojekte übertragen, wenn wir das Wort Freude durch „Agency“ (etwa: „Handlungsmächtigkeit“) ersetzen.
Wenn wir über Schulentwicklung nachdenken, dann funktioniert das auf zweierlei Weise:
- Um Bestehendes zu prüfen. Also als Kriterium der De-Implementierung.
- Um neue Elemente auf Sinnhaftigkeit zu prüfen. Also als Kriterium der Implementierung
Ausgehend von Philippe Wampflers Kritik an der Affordanz von OneNote habe ich darüber nachgedacht, was hinter der Grundüberzeugung steht, man brauche nur die eine Methode X, das eine Skript, das eine Werkzeug, um Schüler*innen dazu zu bringen, sich zu autonomen Bürgern zu entwickeln. Und wenn man Mal ganz genau drüber nachdenkt, dann steckt hinter diesem kybernetischen Gedanken die faschistoide Grundüberzeugung, soziale Komplexe könnten mit eineindeutigen Handlungsanweisungen gesteuert werden. Das Missverständnis besteht darin, dass die Bedürfnisse der Entwicklung nicht notwendigerweise vorhergesehen werden können.
Aber Lernen ist u.A. ein sozialer Prozess. Es spielt sich also jeder Lernprozess innerhalb eines sozialen Systems ab. Soziale Systeme wiederum bedürfen einer systemischen Brille, um untersucht und/oder beeinflusst zu werden. Dabei gibt es aber keine eineindeutigen Ursache-Wirkung Verhältnisse. Und deswegen misslingt diese kybernetische Selbstaufschaltung. Ja, der Versuch selbst wird ja schon selbstverständlich unserem Verständnis von Individuen nicht gerecht. Wir behandeln nicht alle gleich, weil keine der anderen gleicht. Bei aufkommenden Lernblockaden ist der beste Weg ja auch nicht: „Versuch mal Methode X!“ und wenns nicht klappt, hat man Pech gehabt. Der beste Weg zur Überwindung ist ja das sokratische Gespräch, dass das Wissen der Lernperson über sein eigenes Lernen mit einbezieht. Dazu gehört auch die „Conditio sine qua non“, also die Bedingung, ohne die es nicht geht. Und das ist die Absicht der Lehrperson; zumindest dann, wenn man keine Simulation von Lernen erzeugen möchte. Da spielt auch die Selbstwirksamkeitserwartung der Lerner eine Rolle, aber auch die Entscheidung zum Lernen als solche. Und diese kann nur fallen, wenn sie zur Disposition steht.
Fällt diese Entscheidung zu Ungunsten des Lernens aus, und wird dann Lernen trotzdem simuliert, fallen Lernende einem beständigen Selbstüberwindungsprozess anheim, der ununterbrochen erfordert ihren eigentlichen Bedürfnissen und Interessen zu entsagen. Das ist genau das, was häufig mit Disziplin gemeint ist. Aber guess what: Lernprozesse, die ausschließlich1 auf der Basis von Disziplin funktionieren, sind grundsätzlich ineffektive Simulationen, die durch Macht erzwungen werden, im Kern also adultistisch sind.
Zurück zur Schulentwicklung und Marie Kondo: Davon ausgehend würde ich bestehende Strukturen der Organsation Schule auf den Prüfstein legen: Does it spark Agency? Entfacht Element X Handlungsmächtigkeit – oder steht es ihr im Weg? Gleichzeitig bietet diese Frage Orientierung bei der Frage nach neuen Elementen:
- Selbstorganisiertes Lernen – Does it spark Agency?
- Lerncoaching – Does it spark Agency?
- Handyverbot in der Schule – Does it spark Agency?
- Auflösen von Fächern – Does it spark Agency?
- Auflösen des Stundenplans – Does it spark Agency?
- Nutzung von „KI“ – Does it spark Agency?
Man kann da einen schönen Imperativ draus bilden: Entwickle Schule stets so, dass die Maxime deines Handelns stets mehr Agency ermöglicht.
Und dazu gibt es einen schönen Schieberegler zum an die Wand hängen:

- Edit 17.06.25 „ausschließlich“ eingefügt ↩︎
Eine Antwort zu “Does it Spark Agency?”
[…] Agency zum Prüfstein von Schul- und Bildungssystementwicklung zu machen. Dabei hilft die Frage: Does it spark Agency? Es kann frustrieren dass in Transformationsphasen sowohl das alte als auch das neue Regelset, die […]