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Schulentwicklung – Bildung – Organisation

Kooperationszeit


In diesem Beitrag beschäftige ich mich mit der Kooperationszeit und deren Einführung an Schulen.

Um das größte Learning mal vorweg zu nehmen: Die Einführung muss kokreativ ablaufen. Die Kooperationszeit ist nur dann legitimiert, wenn die Kolleg*innen bei der Gestaltung und beim Beschluss beteiligt sind. Ansonsten besteht die Gefahr, dass die Zeit als verschwendete wahrgenommen wird.

Insgesamt geht es um fünf Aspekte, deren Struktur ich von Margarete Gießmann übernehme:

  • Themen
  • Struktur
  • Heterogenitätsdesiderabilität
  • Schulbild
  • Wissenschaftlicher Hintergrund

Themen

Was für die Einführung gilt, gilt auch für die zu behandelnden Themen. Kokreation und Partizipation sind die Zutaten des Rezepts der Legitimation. Gerade die Arbeit an gemeinsam beschlossenen (Schul-)Entwicklungsprojekten und die damit verbundene Selbstwirksamkeit der Kolleg*innen ermöglichen und erhalten die Bereitschaft sich einzubringen.

Struktur

Es gibt unglaublich viele Möglichkeiten Kooperationszeit zu strukturieren. Ich würde auch hier dazu raten, Kokreation und Partizipation als Gestaltungsmittel einzusetzen. Dabei gilt es ein paar Dinge zu bedenken:

  1. Auch wenn das bei Einführung zunächst der Normalfall ist, muss nicht jede Gruppe notwendigerweise gleichzeitig kooperieren. Das gilt eigentlich nur für das gesamte Kollegium. Nicht nur in größeren Schulen kann es sinnvoll sein, wenn Themen in kleinen Teams vorbereitet werden, die dann in der großen Runde kurz Feedback einholen, ihren erarbeiteten Vorschlag ggf. anpassen, so dass der dann nur noch beschlossen werden muss. Das beinhaltet allerdings, dass der Auftrag selber schon kokreativ beschlossen wurde. Der erste Vorteil ist, dass langwierige Abstimmungen im großen Plenum umgangen werden können. Der zweite: Stundenplanerisch ist es ggf. leichter die Kollegen des Teams auszuplanen, als die gesamte Lehrer*innenschaft
  2. Den Leitungsinput sollte man so prägnant und kurz wie möglich halten. Die Kooperationszeit dient der Schule und ihrer Entwicklung. Grundsätzlich gilt es den wertvollen Charakter der Kooperationszeit nicht aus den Augen zu verlieren. Für reine Informationsbeschaffung oder -verteilung sollte man sie nicht verwenden (#thisshouldhavebeenanemail), dafür ist sie zu wertvoll.
  3. Dokumentiert werden sollte möglichst niederschwellig und kokreativ. Geeignet sind Etherpads oder Taskcards. Beschlüsse werden deswegen umgesetzt, weil Personen sich selbst zur Umsetzung verpflichten. Nicht, weil irgendwo steht, dass sie das getan haben.
  4. Je transparenter die Struktur und je widerholbarer desto wohler fühlen sich alle.
  5. Es ist nicht für jede Schule einfach einen geeigneten Zeitrahmen anzubieten. Mögliche Lösungen: Manche Schulen sorgen durch ein extern (Vereine, Interessengruppen etc.) angebotenes AG-Band für eine freie Zeit in ihrem Stundenplan. Andere Nutzen Bänder von Formen von Selbstorganisiertem Lernen, um den zeitlichen Raum zu schaffen, den man braucht.
  6. Vor dem Hintergrund der Digitalität gilt es auch zu bedenken, an welchen Stellen ein Hybrides Format möglich ist. Das schafft ggf. Akzeptabilität.
  7. Ohne Kaffee nix

Heterogenitätsdesiderabilität

Wären wir alle gleich, müssten wir nicht kooperieren. Gerade in unserer Vielfalt liegt gleichzeitig die Ursache für die Notwendigkeit zur Kooperation, wie auch die Quelle der Freude, wenn wir das komplexe Perspektivgemenge durch gemeinsame Entscheidungen und sich ergebenden Handlungen bewältigt haben. Es ist wichtig, dass wir Unterschieden, Stärken, Schwächen, Fehlern, aber auch Expertenwissen etc. nicht nur mit Wohlwollen begegnen, sondern realisieren, dass diese Vielfalt die Quelle dessen ist Komplexität zu bewältigen.

Das setzt Vertrauen voraus, gutes Zuhören und Wertschätzung. Hilfreich sind hierbei auch die zwei Verbote: nicht urteilen und nicht konkurrieren. Es geht darum, sich aufeinander einzulassen und ein Umfeld zu schaffen, in dem Personen sich trauen können ihre Persönlichkeit offenzulegen.

Schulbild

Das Bild einer Schule spielt hier auf mehreren Ebenen eine Rolle:

  1. Das Bild, dass die Lehrer*in von der Schule hat: Kooperationszeit bietet die Möglichkeit, dass langsam aber sicher aus der „Schule an der ich arbeite“ „Meine Schule“ wird. Wenn ich sie mitgestalten darf, mich einbringen kann, mitentscheiden darf, was das beste für sie, dann bin ich nicht mehr jemand, der an der Schule nur arbeitet, sondern jemand der an der Schule lebt.
  2. Das Bild, dass die Schule nach außen/innen abgibt: Das Arbeitsklima und die Art und Weise, wie das Kollegium miteinander umgeht, wird von außen und innen wahrgenommen. Auf diesen Umstand hinzuweisen, kann dabei helfen eine förderliche Atmosphäre zu schaffen. Schließlich ist jeder daran interessiert, dass die Schule, zu der man gehört, eben ein gutes Bild abgibt.

Wissenschaftlicher Hintergrund

Zuletzt geht es darum, dass die Einführung auch wissenschaftlich untermauert wird.

Bei der Annual Visible Learning Conference 2016 hat John Hattie mit seinem Team die „Collective Teacher Efficacy“ (CTE) als die wichtigste Einflussgröße auf den Lernererfolg dargestellt. Die Effektgröße ist doppelt so groß wie die von Feedback und dreimal so groß wie die von Classroom Management. Kooperation der Lehrkräfte ist also, wissenschaftlich betrachtet, das Wichtigste, das wir für unsere Schüler*innen tun können. Dabei ist CTE in Hatties Worten: „Collective Teacher Efficacy is the collective belief of teachers in their ability to positively affect students„. Etwa: CTE ist der kollektive Glaube von Lehrer*innen an ihre Fähigkeit ihre Schüler*innen positiv zu beeinflussen.

Fazit

Die Einführung einer Kooperationszeit ist ein komplexes Thema, dass sich aber gut bewältigen lässt, wenn man die Vielfalt der Perspektiven in kokreativen und partizipativen Prozessen in eine gemeinsame überführt. Sie muss sich sinnvoll anfühlen:

Mein Dank geht an die Schulleitungen auf Twitter und das Twitterlehrerzimmer #twlz. Wer den Thread, der zu diesem Beitrag geführt hat, nachlesen möchte, der findet ihn hier.

Twlz 4 Life!


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